Des Nutzers neuer Anwalt: Jan Jürjens ist jetzt CXO bei Basilicom
CXO – Chief Experience Officer: Warum braucht es eine solche Position in der Geschäftsleitung?
Erfolgreiche digitale Produkte und Lösungen sind immer ein Dreiklang aus Unternehmenszielen, technischer Machbarkeit und den Bedürfnissen der Nutzer. Mit unseren CEOs Eva Werle und Arndt Kühne und CTO Christoph Lühr sind die strategischen und technischen Aspekte seit jeher auf Geschäftsleitungsebene angesiedelt. Mit mir als CXO ist jetzt auch ganz ausdrücklich der Blick auf die Nutzer und Kunden unserer Lösungen verankert. Ich bin der Anwalt der Nutzer.
Nutzerzentrierung ist also wirklich mehr als nur ein Buzzword.
Am Ende lässt sich jede erfolgreiche Idee darauf zurückführen, dass Nutzerbedürfnisse bedient werden. Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle für den Erfolg von Marken und Unternehmen, Lösungen und Produkten. Nur: Ohne den Blick auf die Bedürfnisse der Nutzer geht es nicht. Die Frage ist, wie bewusst und wiederholbar das im Entwicklungsprozess passiert. Es gibt natürlich auch Ideen, die mal eben so umgesetzt werden und fliegen, obwohl vorher nie jemand auch nur mit einem einzigen Nutzer gesprochen hat. Da hat dann einer einfach mal einen Lucky Punch gelandet und zufällig ein Bedürfnis angesprochen. Kann man natürlich machen, ist aber extrem risikoreich.
Und wie schafft man eine gute Customer Experience?
Mit drei Dingen: Erstens damit, die richtigen Fragen zu stellen, zweitens mit der frühzeitigen Validierung der Thesen und drittens mit Konsequenz – soll heißen: Qualität über die gesamte User Journey.
Strategen und Kreative sind immer sehr gut darin, sich in eine Lösung zu verlieben und alle Energie in die Umsetzung zu stecken. Diese Energie sollten wir in die Analyse der zugrundeliegenden Nutzerbedürfnisse stecken. Nur, wenn man die Probleme und Bedürfnisse seiner Nutzer richtig verstanden hat, kann man Lösungen entwickeln, die nicht nur einem selbst gut gefallen, sondern wirklich nah am Menschen sind.
Und wenn man glaubt, man hat seine Nutzer verstanden, muss man diesen Glauben natürlich überprüfen. Das ist Schritt zwei.
Am Schluss geht es dann ganz konsequent um Konsistenz. Man kann sich unglaublich viel Mühe geben und eine tolle Experience bauen, aber wenn man dann einen Newsletter mit der falschen Anrede vor dem Namen verschickt, macht man mit einem technischen Detail die aufwändig aufgebaute Customer Experience kaputt.
Gibt es ein Erfolgsrezept auf dem Weg zur Nutzerzentrierung?
Ein Rezept nicht, aber einen Grundsatz: keine Entschuldigungen. Ich höre oft viele Argumente, die besagen, warum ein Unternehmen den Nutzer mit seinen Bedürfnissen nicht in den Mittelpunkt stellen kann: zu teuer, aufgrund interner Prozesse nicht möglich, technisch aufwändig. Das Problem ist: In dem Moment, in dem ein Konkurrent oder ein neuer Marktteilnehmer keine Entschuldigungen sucht, sondern nutzerzentrierte Lösungen bietet, wird es für die anderen ganz schnell eng.
Was war die schlechteste Customer Experience, die Du erlebt hast?
Schwierige Frage. Meine letzte schräge Erfahrung hatte ich, als die Agentur vor einigen Tagen einen Mietwagen für mich gebucht hat. Nach der Rückgabe hat mich der Vermieter dann über meine private E-Mail-Adresse angeschrieben, um zu fragen, wie mir der Service gefallen hat. Das war schon etwas verstörend, zu sehen, wie unbedacht das Unternehmen da kommuniziert und anscheinend unbedarft Informationen von unterschiedlichen Accounts miteinander in Verbindung bringt.
Und in der Kommunikation: Push oder Pull?
Pull. Der Nutzer hat ein Bedürfnis oder ein Problem, und es gilt, im richtigen Moment eine Lösung anzubieten. „Zielgruppen” mit viel „Mediabudget” auf allen „Kanälen” „Botschaften” ins „Bewusstsein” zu prügeln, funktioniert nicht mehr. Hat es so auch nie.
Man muss sich die Customer Journey sehr genau ansehen, die Bedürfnisse entlang des Weges verstehen und dann Lösungen anbieten. Auch darum ist das Geschäftsmodell von Google so erfolgreich: AdWords sind für den Nutzer keine Werbung, sondern wertvolle Hinweise, während er oder sie versucht, ein Problem zu lösen.
Und zum Schluss: Wann macht Dir deine Arbeit richtig Spaß?
Wenn etwas für die Nutzer wirklich gut funktioniert. Das kann die Conversion Rate im Check-out sein, ein neues Feature, das gut angenommen wird, oder Mitarbeiter beim Kunden, die sich dafür bedanken, dass wir ihnen mit unseren Lösungen die Arbeit erleichtern. Gute Experiences beginnen immer im Unternehmen selbst.