Survival of the Omnifittest − EHI Omnichannel Days '15

Multichannel, Crosschannel, Omnichannel. Auch wenn es noch an einer genauen, wissenschaftlichen Begriffsdefinition mangelt und wir uns nicht einer gewissen Modeerscheinung in den Bezeichnungen erwehren können, kommt es in Zeiten von Amazon, ebay & Co. sicher nicht auf die Namensgebung an. Vielmehr geht es um das Überleben für Marken, Hersteller und Händler in einer Ära der Marktplätze.

Die EHI Omnichannel Days 2015 gaben interessante Einblicke in die Herausforderungen des Handels und boten einen bunten Blumenstrauß an Praxisbeispielen von Händlern und Marken.

Multi? Cross? Omni?

Die Steuerung über mehrere Kanäle im Multichannel ist eine logische Entwicklung, über Singlechannel spricht hoffentlich keiner mehr. Dennoch werden die Kanäle getrennt gesteuert. Meist einfach aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten. Um Kunden auch kanalübergreifend begleiten zu können, wird beim Crosschannel mit Daten und Prozessen im Hintergrund versucht, die Verbindung zwischen den Kanälen herzustellen und die Customer Journey zu verfolgen. Im Omnichannel treten die Kanäle in den Hintergrund, der Kunde tritt in den Vordergrund.

Um dieses Kunststück zu vollführen, ist neben einer technisch funktionierenden Infrastruktur vor allem eines wichtig: Umdenken. Um Grenzen in den Kanälen abzubauen, müssen auch die Grenzen in den Unternehmensabteilungen abgebaut werden. Die Teilnehmer der Konferenz waren sich einig, dass Change Management im Unternehmen eine der größten Hürden ist, die genommen werden muss. Das funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern ist harte Arbeit.

Auf die Marke, fertig, los!

Mit einem sicher nicht für alle Teilnehmer ermutigenden Auftakt hat Alexander Graf in seinem Vortrag „Amazon ist erst der Anfang − und Omnichannel selten eine Lösung“ mit klaren Worten zusammengefasst, wie es um den Handel bestellt ist. Amazon und andere Marktplätze gewinnen. In zehn Jahren wird der stationäre Verlust 25 % betragen. Da aktuell nur Amazon signifikant wächst, ist klar, wie dieses Stück Kuchen verteilt wird.

 

Die Stärken von Marktplätzen liegen auf der Hand. Amazon ist ein Vollsortimenter, der durch das Marktplatzkonzept eine immense Produktvielfalt aufweist. Produkte unterschiedlicher Hersteller können direkt verglichen und gekauft werden. Die Rezensionen und Bewertungen der Kunden sind ausschlaggebend für den Kaufabschluss vieler Kunden. Aber natürlich auch die Konditionen, wie Rückgaberecht und kostenloser Versand.

Hersteller und Produkte werden mehr und mehr austauschbar. Preissuchmaschinen haben die Kunden dazu erzogen, den günstigsten Preis im Netz zu ermitteln. Preisdumping kann kein Schlüssel zum Erfolg sein.

Marken und Händler müssen Alleinstellungsmerkmale entwickeln, Vertrauen gegenüber den Kunden aufbauen und eine Kundenbeziehung pflegen, die Bestandskunden hält und reaktiviert. Gleichzeitig gewöhnt sich der Kunde an Standards der Big Player. Ein 30-Tage-Rückgaberecht ist mittlerweile gelernt. Hier muss der Einzelhandel reagieren und seine Konditionen überdenken.

Flinte ins Korn? Bloß nicht!

Markenstrategie kann ein Schlüssel sein. Das hat auch Fliesenmax erkannt. Im Vortrag von Louisa Classen und Gottfried Classen zeigte der Fliesenhändler, wie er sich im Zeitalter des E-Commerce neu erfand. Vom Baustoffhändler zum Lifestyleprodukt. Fliesenmax hat seine Hausaufgaben gemacht, was Markenstrategie und Marketing angeht. Daumen drücken, dass es funktioniert.

Auch Engelhorn setzt auf Markenbewusstsein. Emotionen und Inspiration sind entscheidend, um dem Kunden eine Einkaufswelt zu bieten, die Produkte immer wieder neu inszeniert und den Einkauf samt Restaurantbesuch im Store zum Erlebnis machen soll.

Diese und weitere Beispiele zeigten, dass es sich lohnt, die Digitale Transformation voranzutreiben. Sie wird nicht allen Unternehmen das Überleben sichern, aber ohne die Grundlage ist der Kampf vermutlich aussichtslos.

Immer in Bewegung bleiben

Mit der richtigen Strategie und einem zeitgemäßen Markenbewusstsein kann man dennoch sicher sein, dass sich Hersteller und Marken gegenüber Amazon behaupten können, auch wenn Amazon ein großes Stück vom Kuchen bekommt. So schnell, wie die Digitalisierung voranschreitet, ist es wichtig, in Bewegung zu bleiben. Eine digitale Strategie ist nicht statisch. Sie muss sich ständig anpassen und so die relevanten Kanäle optimal bespielen.

Einkaufen bei Amazon ist bequem und bietet hohe Standards. Wir müssen aber ein bisschen aufpassen. Wenn all unser Geld in ein US-Unternehmen fließt, bleibt nichts für Städte und Gemeinden. Zudem ist die Politik von Amazon zunehmend bedenklich. Die Meldungen häufen sich. So soll Amazon die Produkte seiner Marketplace-Händler analysieren. Wenn Sortimentvielfalt zwar über die Marketplace-Händler aufgebaut wird, Amazon aber im Hintergrund die Cashcows extrahiert und danach selbst vertreibt, läuft was falsch. Obacht!

Neben interessanten Vorträgen und vielen guten Gesprächen war es mal wieder sehr angenehm, an einer Konferenz mit einer geregelten Abfolge von Einzelvorträgen teilzunehmen. Schöne Location und leckeres Essen, check.